EU Wahl: Hohn und Spott für die etablierten Parteien in Deutschland

02 Juni 2014
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Und unter den Mandaten: Rechte aus allen Staaten

Da haben wir fein ins Narrenkasterl geschaut, gelt, als wir gesehen haben, wie stark die Rechten in Europa geworden sind. Da können wir wieder die Hände über dem Kopf zusammenschlagen oder zusehen, wie die Figuren von der Union, der SPD, den Grünen und allen andern herumschleichen und rufen: „Wieso denn bloß? Wieso denn bloß?“ Die europäischen Rechtspopulisten haben ganze 142 Mandate errungen. Das ist ein Zuwachs von 78 Mandaten. Oho! Sind die Bürger etwa unzufrieden mit ihren Regierungen und der EU?

Diese Frage stellt sich erst mal zumindest für unseren zweiten Mann im Staat, den Gabriel Sigi, nicht. Nein, der trompetet lieber in der Gegend herum, dass seine Leute nicht einfach einen Juncker als Kommissionschef einsetzen. Freilich, irgendwas muss er sagen, um auch mal dagegen zu sein, um Kante zu zeigen. Leider schaut eine Kante bei Herrn Gabriel immer wie eine Gurke aus, die nicht ganz den EU-Richtlinien entspricht. Der Vorteil an der Gurke ist, dass man sie aussortiert, bevor man sie uns unter die Nase hält. Der Gabriel hingegen denkt leider offenbar wirklich, dass er irgendwas zu sagen hätte, im Merkelstaat. Und sein Kollege, der EU-Schulz, meint wirklich, dass er im Parlament was zu sagen haben wird. Ich bin mir sicher, so etwas kann man behandeln.cfd6ebd3ba3e47498f15e3c80261e538

Selbst der Seehofer Horst, einstige „Lichtgestalt“ der politischen Bühne, spricht wirr. Er wolle die Verantwortung für die „Niederlage“ der CSU übernehmen, die statt der angestrebten acht plus X nur fünf Mandate bekommt. Seehofer ruft seinen Parteispezln zu: „Zusammenstehen“. Aber das müssten sie eigentlich nicht, denn fünf Leute haben im EU-Parlament relativ viel Platz. Während der CSU-König die geringe Wahlbeteiligung verantwortlich macht, was ein sauberer Schmarrn ist, da diese bloß eine Folge ist, keine Ursache, macht der frühere CSU-Chef Erwin Huber die Politik seiner Partei verantwortlich. Der tut sich aber auch leichter, so von der Seite her.

Doch statt sich Gedanken über den europäischen Ruck nach rechts zu machen, sinkt die politische Elite lieber wieder auf ihren Selbstzufriedenheitsthron und steckt den Kopf in ihren eigenen Hintern. Und, schau an, Sven Giegold, Spitzenkandidat der Grünen, entblödet sich doch tatsächlich nicht und äußert sich skeptisch zu dem einen Mandat der Satirepartei „Die PARTEI“. Derweil sollte man sich eher skeptisch darüber äußern, dass die AfD, welche ganz offiziell Europa mehr als skeptisch gegenübersteht, in das EU-Parlament gewählt wird. Und zwar mit sieben Prozent. Dies fällt unter den oft bemühten Begriff „Realsatire“ und führt dazu, dass ein Herr Lucke noch selbstgefälliger seinen antieuropäischen Kopf in jede freistehende Kamera hält, was ein geistig gesunder Mensch wiederum im Kopf nicht aushält.

Aber nein, Herr Giegold muss in aller Öffentlichkeit beweisen, dass sein Sinn für Humor und Satire so verkümmert ist wie eine Orchidee am Rand einer Autobahn. Oder wie die Menschlichkeit und der Verstand in einem Rassisten. Warum er das beweisen muss? Nun, wahrscheinlich ist da sonst nicht viel anderes. Die Grünen hatten stets ihre Themen wie Atomkraft-nein-danke und Naturschutz-ja-bitte, was allerdings längst nicht mehr reicht, da sich andere Parteien dem Trend gemäß diese Themen ebenfalls unter den Nagel gerissen haben.

Selbst ein Markus Söder ließ sich nach Fukushima von Gefühlen, die ein Markus Söder als starker Franke und Seehofers Schleppenträger sonst nicht kennt, übermannen und fiel in den Atomkraft-nein-danke-Chor ein. Und deswegen muss dieser Giegold nach der Wahl, bei der seine Partei erneut an Prozenten verloren hat, Sätze sagen wie: „Sonneborn ist noch nicht mal in Brüssel angekommen – aber er hat sich schon in der Bürokratie verstrickt.“ Dies ist auf den Plan der Partei gemünzt, das Übergangsgeld nach sechs Monaten „abzusahnen“, und zwar im Rotationsprinzip. Was Giegold im Alleingang per Paragraphen überprüft hat, trotz der Ankündigung von Leo Fischer, dass man als erstes damit beschäftigt sein werde, Rücktritte zu organisieren. Gebt diesem Grünen ein Hobby. Schuhe filzen, Modellflugzeuge, Wasserrutschenmeisterschaften, Schafzucht … Wurscht! Wer weiß, was er sonst noch anrichtet vor lauter Langeweile und Wichtigtuerei. Im schlimmsten Fall kommt er an irgendeine Stelle, wo er wirklich etwas entscheiden kann.

Mutti herself verweigert sich jetzt (noch) einer Zusammenarbeit mit der AfD. Und sie spricht in ihrem beruhigenden Gute-Nacht-Märchen-Timbre davon, dass in einigen Ländern das Vertrauen in die jeweilige Regierung fehle. Freilich. Zum Beispiel in Deutschland. Angela Merkel setzt nun alles auf das Blatt: Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze. Wahnsinn. Merkel, ehrlich, du und deine neuen Ideen, ihr haut uns echt vom Hocker. Unser Staatscheffe ist sich jedenfalls sicher, dass oben genannte Worthülsen die „Antwort“ seien, auf „die Enttäuschten, die die Rechtspopulisten gewählt haben“. Und ihr geht es jetzt darum, dass man „Politik für die Menschen“ mache. I break together.

Aber die Erfolge der europäischen Rechten sind noch nicht genug, oh nein. In Dortmund marschierten am Wahlabend obendrein Rechtsradikale groß auf und setzten zum Sturm auf das Rathaus an. Wer sich den Rechtsradikalen an diesem Abend in den Weg gestellt hat, ist angegriffen worden. Unter anderem auch mit Pfefferspray. Keine Sorge, für solche Eskalationen im sauberen Deutschland gibt es ja die Polizei, welche die Rathaussturmstaffel schließlich wegbegleitet hat. Eigentlich hätte man sich gut vor diesem Auftritt schützen können, da er im Internet angekündigt war.

Ob davon wohl alles und jeder in der Statistik über politisch motivierte Gewalttaten landet? Oder im Reißwolf? Man weiß es nicht, man weiß es nicht. Ist auch wieder so viel Papierkram und eben diesen wollte zumindest der Seehofer abschaffen, zusammen mit der ganzen blöden Bürokratie. Dieser ewige Propaganda-Joker hat ihm leider auch in die Hand gesch... ein Ei gelegt. Ein braunes.

Dass Europa als Konzept wackelt, dass Bürger an der EU schwer zweifeln, ist nur allzu verständlich. Das Freihandelsabkommen TTIP zwischen Europa und den USA – wofür sicherlich während dem großen Fußballzirkus die Weichen gestellt werden, wie immer, da zu dieser Zeit alle ihr Hirn bei Sky oder Hasseröder abgeben –, die überbordende Bürokratie, teilweise wider- bis irrsinnige Gesetze gegenüber Landwirten, die globale Machtlosigkeit, wenn die EU sich gegen die USA behaupten will, die Wurschtigkeit gegenüber Flüchtlingen oder Ländern, aus denen wir keinen Vorteil ziehen können, das Gefühl, dass Brüssel sowieso auf die Meinung von Europäern pfeift … All dies führt zur aktuellen Frustration. All dies führt zur aktuellen Ablehnung. Und all dies führt zum katastrophalen Rechtsruck.

Rechtspopulisten haben schon immer gut an der Angst verdient. Jedoch müssen sie diese Angst vor Fremden, Kommunisten oder (Geld)verlust gar nicht mehr selber schüren. Das erledigt der eifrige Stab von unserer Kanzlerin Angela Merkel für sie. Zum Beispiel, wenn sie die Linke vom Verfassungsschutz abhören lassen. Da hat er Angst, der Bürger, weil er sich denkt: „Die müssen doch was ausgefressen haben, sonst würden die da oben doch meine Steuern nicht für so eine Überwachung ausgeben.“ Oh ja, Bürger, das würden und das werden sie (immer wieder), sobald es ihnen etwas (und lass es nur deine Stimme sein) bringt. Überdies veröffentlichen sie für dich noch Statistiken, die besagen, ganz klar besagen, dass die Anzahl der linksmotivierten Gewalttaten immens angestiegen ist. Viel immenser, als Gewalttaten von rechts aus. Vielleicht durfte deswegen die NSU relativ unbehelligt durch die Lande marodieren. Der Verfassungsschutz hält sich eben einfach an die Statistiken von dem Staat, dem er durch Informationen zuarbeitet. Und, dass in dieser Statistik eine jede Sitzblockade gegen Aufmärsche von Rechten als sogenannte Straftat auftauchen kann, ist vielleicht ein bisschen streng, gelt, aber dann sollen sie halt daheim bleiben, wenn sie die Polizei und Anzeigen nicht vertragen. Man muss sich schon entscheiden: weiße Weste oder Weiße Rose.

Es ist zu befürchten, dass unsere Damen und Herren im EU-Parlament und Bundestag entweder nichts aus dieser Wahl lernen oder das Offensichtliche einfach ignorieren. Dass sie einfach weiterhin ihren Stiefel zusammenfahren, im großen Angie-Mobil, und uns Propaganda („Mehr Zukunft für alle!“) als politische Ziele und Inhalte andrehen wollen. Aus Frust wird aber Trotz. Und Trotz führt oft zu Handlungen und Haltungen, die man nie beabsichtigt hat, die einem danach auch leid tun – dann, wenn es zu spät ist. Hoffentlich kommt es nicht soweit. Hoffentlich verwandelt sich die Furcht in den Widerstand, Widerstand gegen staatliche Unfähigkeit und menschliche Unmenschlichkeit.

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Schlagwort :
Andrea Limmer

Freie Journalistin

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